Kräuterkrapfen, Blatt 63

wilt du kreytter krepfla machen

Food Magazin

Teigtaschen gibt es in verschiedensten Varianten fast überall auf der Welt. Ob Marco Polo die Idee der gefüllten Nudel aus Asien mitgebracht hat, oder ob davon unabhängig auch schon in Europa Ähnliches zubereitet wurde, lässt sich nicht mit Sicherheit feststellen. Fest steht jedenfalls, dass auch im Kochbuch der Philippine Welser „kreytter krepfla“ zu finden sind, wohl Vorläufer der erst später so bezeichneten Maultaschen.

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Aus dem Kochbuch der Pilippine Welser:

»wilt du kreytter krepfla machen – so nim 1 salfenn blettla 8 maseron stydlin ain hand fol beterling 3 blettle melisen 12 oxen zungen bletter 10 an dyfa bletter ain wenig kera krautt 10 bur augen bletter mangelt 4 mal so fil als der anderen kreytter allen sent vn geforlich hacks dar nach klein vnnd dauß jn ain schmaltz vnd riers dar jn vm vnd schitz jn ain schisel vnd schlag 4 ayr dar ein vnd nim ain hand fol gerybes kes vnd der nu sey vnd ain wenig gerybes brott ryers als wol durch ain ander las ain weyl ston das er star so kann mas jn dayg don den dayg macht ma dar zu wie den zu den dortten mus jn din walga vnd schlag dar nach die kreytter darein vnd seut sy jn ainer erwas brye die gar goutt ist oder flesch brey wie ma will so fyl kertt auff ain dysch«

Transkript

(Kräuterkrapfen – So nimm 1 Salbeiblatt, 8 Majoran-Zweiglein, eine Hand voll Petersilie, 3 Melissenblätter, 12 Ochsenzungenblätter, Endivienblätter, ein wenig Kerbel, 10 Borretschblätter, ungefähr 4mal so viel Mangold wie andere Kräuter, hack sie danach klein und gib sie in ein Schmalz, rühre sie um und schütte sie in eine Schüssel, schlage 4 Eier darüber und nimm eine Hand voll geriebenen neuen Käse und ein wenig geriebenes Brot, vermenge alles gut und lasse die Masse eine Weile stehen, dann wird sie fest und man kann sie gut in den Teig geben. Den Teig dafür macht man wie den für Pasteten, man muss ihn dünn auswalken, dann füllt man die Kräutermasse hinein und siedet sie in einer Erbsenbrühe, die gut ist, oder einer Fleischbrühe, wie man möchte, so viel gehört auf den Tisch.)

Einfachheit und Vielfalt der Teigtaschen-Rezepte sind bestechend.

Der Teig aus Mehl, Wasser, manchmal etwas Öl und auch Eiern wird bei allen Varianten flach ausgerollt und portioniert. Etwas Teig wird mit der gewünschten Füllung belegt, mehr oder weniger kunstvoll geschlossen und danach gekocht, gedünstet, gebraten oder frittiert. Auch im Philippine Welser Kochbuch gibt es mehrere Varianten, wir haben uns für die gekochte entschieden. Diese kann wohl als Vorläufer der schwäbischen Maultaschen gesehen werden, Philippine und ihr Kochbuch stammen ja beide aus Augsburg. Und wie bei diesem schwäbischen Nationalgericht werden auch die „kreytter krepfla“ in Brühe serviert...

Die berühmte Maultasche selbst soll während des Dreißigjährigen Krieges (1618–1648) erfunden worden sein: Einem Maulbronner Laienbruder fiel der Sack eines flüchtenden Diebs vor die Füße, in dem sich ein schönes Stück Fleisch befand. Weil aber gerade Fastenzeit war, hackte er das Fleisch klein und mischte es unter das Gemüse, das am Gründonnerstag zubereitet wurde. Da ihn aber das schlechte Gewissen packte, wickelte er die Fleisch-Gemüse-Mischung in kleine Taschen aus Nudelteig. So konnte er das Fleisch vor den Augen Gottes und seiner Mitbrüder verbergen und servierte die gefüllten Teigtaschen Fastenspeise. In Schwaben werden diese noch immer „Herrgottsbscheißerle“ genannt. Eine Geschichte, die Philippine Welser wohl zum Schmunzeln gebracht hätte...

Für unsere Teigtaschen haben wir verwendet (Zutaten):

Teig:

  • 200 g Mehl
  • Etwas Wasser
  • 2 EL Olivenöl
  • 1 Ei
  • Salz

Füllung:

  • 1 Bund Mangold
  • 1 kleiner Endiviensalat
  • Petersilie
  • Majoran
  • Salbei
  • Weitere Kräuter der Saison nach Belieben
  • Eine Hand voll geriebener Parmesan
  • Semmelbrösel
  • 3 Eier

Katharina Seidl

Dr. Katharina Seidl ist Kuratorin auf Schloss Ambras Innsbruck und leitet die Kunstvermittlung.