»Von Turnieren und einer Fürstenhochzeit«

Leibrüstkammer & Türkenkammer

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Plattnerei in Innsbruck

Die Innsbrucker Plattnerei gehörte seit der Zeit Kaiser Maximilians I. zu den berühmtesten Europas. Ab 1580 ließ Erzherzog Ferdinand II. einen Großteil der ausgestellten Harnische von seinem Hofplattner Jakob Topf treiben. Die zweite Rüstkammer zeigt Turnierharnische für das Plankengestech, das Freiturnier und das Fußturnier, die für Ferdinand II. und seinen Hofstaat angefertigt wurden.

Das Plankengestech war ein Turnierspiel, in dem auf Pferden mit Lanzen aufeinander losgegangen wurde. Als Freiturnier bezeichnete man den sportlichen Reiterkampf, der zuerst mit scharfen Spießen und anschließend mit Schwertern ausgetragen wurde. Das Fußturnier wurde zu zweit oder in der Gruppe in einer abgeschrankten Bahn ausgetragen. Als Waffen dienten Langspieße und stumpfe Schwerter.

Die Harnische zum Fußturnier bilden eine vielteilige Serie, deren einzelne Rüstungen sich jeweils in individueller Größe und Zuschnitt voneinander unterscheiden. Zwanzig davon sind heute noch komplett, von den restlichen vier konnten Einzelteile bewahrt werden. Somit stellen diese gezeigten Fußturnierharnische eines der größten Ensembles europäischer Plattnerkunst der Frühen Neuzeit dar, die erhalten geblieben sind. Ursprünglich waren sie zur Zeit Erzherzog Ferdinands II., ab 1583, in der ersten Rüstkammer von Schloss Ambras gemeinsam aufgestellt.

Die Leibrüstkammer

Das Zentrum der Leibrüstkammer bildet der Hochzeitsharnisch »all’antica«. Ferdinand II. trug ihn bei den Turnieren anlässlich seiner zweiten Hochzeit mit Anna Caterina Gonzaga im Jahr 1582.

Die Porträts zeigen berühmte Feldherrn des 16. Jahrhunderts, deren Harnische Ferdinand II. in seiner Heldenrüstkammer präsentierte. Zudem verdeutlicht das Bildnis von Christoph Kolumbus, dass auch die Entdecker der Welt der Frühen Neuzeit als »Helden« angesehen wurden.

 Der Prunkharnisch »all’antica« oder »alla romana« wurde anlässlich der Hochzeit Erzherzog Ferdinands II. mit Anna Caterina Gonzaga 1582 angefertigt.

Die Löwenköpfe an den Schultern und die Hängelaschen sind typische Requisiten der antikisierenden Mode, die sich an Rüstungen römischer Imperatoren orientierte. Sie wurden ab etwa 1530 zunächst in Mailand, später auch in anderen europäischen Plattnereizentren hergestellt. Der Träger trat gleichsam selbst als antiker Held auf. Ferdinand verkörperte in dieser Rüstung möglicherweise den sagenhaften Stammvater Roms: den trojanischen Helden Aeneas.

 Das Bildnis zeigt Agostino Barbarigo (1516–1571), der in der Seeschlacht von Lepanto gegen die Türken (1571) die Venezianische Flotte kommandierte.

In der Schlacht, am Hauptmast seines Flaggschiffes stehend, traf ihn ein türkischer Pfeil tödlich am rechten Auge. Vizekommandeur Sebastiano Venier konnte jedoch das Schiff halten und gemeinsam mit Don Juan d’Austria die Türken schlagen. Dieser Seesieg brach die Vorherrschaft der Türken unter Sultan Selim II. und der in ihrem Dienst stehenden nordafrikanischen Piraten im Mittelmeer. Einer der Harnische Barbarigos befand sich gemeinsam mit seinem Porträt in der Ambraser »Heldenrüstkammer«. Das Gemälde war zur Zeit Erzherzog Ferdinands II. in Schloss Ruhelust ausgestellt.

Die Türkenkammer

Schloss Ambras Innsbruck besitzt eine der bedeutendsten Sammlungen von Gegenständen osmanischer Herkunft aus dem 16. Jahrhundert, die von Erzherzog Ferdinand II. in der „Türkenkammer“ – einem eigenen Raumabschnitt innerhalb der Rüstkammern – präsentiert wurden. Die Sammlung, die der Erzherzog zusammentrug, entsprach einer an europäischen Fürstenhöfen dieser Zeit weit verbreiteten „Türken-Mode“ und umfasste orientalische und orientalisierende, in Europa gefertigte Objekte.

 Ledermosaike wie diese Speiseunterlagen sind besonders rare Zeugnisse des Kunsthandwerks der osmanischen Kunst und Kultur.

Sie wurden in tischähnlicher Funktion am Boden eines Zeltes zum Aufdecken von Speisen verwendet. Die Ledermosaike sind mit stilisierten Blüten und Inschriften gestaltet. Ein immer wiederkehrendes Motiv ist die Tulpe, die in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts als die türkische Blume schlechthin galt.

 Turcica – osmanische Beutestücke wie Rundschilde, Bögen, Köcher, Säbel und Sturm-hauben (»Schischakn«) – erinnerten an den Türkenfeldzug Erzherzog Ferdinands II. 1556.

Sie sind Ausdruck der Faszination des Sammlers für die kostbaren Materialien und die hohe handwerkliche Qualität der türkischen Objekte. Eigens eingerichtete Türkenkammern mit Türkenbeute, diplomatischen Geschenken und Ankäufen von Kunstwerken waren typisch für die frühneuzeitlichen Rüstkammern europäischer Fürsten.

 Diese phantastische eiserne Maske wurde am Turnierhelm anstatt des Visieres angebracht.

Es diente der Ausstaffierung der gegnerischen Partei bei den husarischen Turnieren. Die zahlreichen, in Ambras erhaltenen Wechselvisiere, ließ Ferdinand II. in Form von Türken- und Mohrengesichtern anfertigen, die der orientalischen Verkleidung diente.

Im 16. Jahrhundert war das Osmanische Reich eine ständige Bedrohung für das christliche Abendland. Dennoch brachte man ihm auch größte Bewunderung aufgrund der hervorragenden technischen Kriegsführung und seiner Kunst und Kultur entgegen. Es war diese Ambivalenz aus Furcht und Faszination, die europäische Fürsten wie Erzherzog Ferdinand II. dazu bewog, eine eigene erlesene Sammlung an „Turcica“ anzulegen. Die dort präsentierten Gegenstände waren eine Reminiszenz an die kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Habsburgern und Osmanen, deren Reich sich bis an die habsburgischen Grenzen ausdehnte.

Auch Erzherzog Ferdinand II. selbst führte 1556 eine militärische Expedition gegen den „Hauptfeind der Christenheit“ in Ungarn an. Unter seinem Kommando konnten die eingeschlossene Festung Sziget mit Proviant versorgt und die Belagerer zurückgedrängt werden. Die Beutestücke aus diesem Feldzug und Gegenstände aus dem Türkenkrieg von 1566 fanden Aufnahme in seine „Türkenkammer“. Kostbare Sättel, Pfeile, Köcher und Reflexbögen finden sich darin ebenso wie Säbel, Schilde und Helme.

Andererseits gibt es auch Ausrüstungsstücke, die in Europa gearbeitet wurden: Sie wurden meist bei Turnieren, die im Rahmen von höfischen Festen veranstaltet wurden und der Kriegspropaganda dienten, verwendet. So sind in Ambras zahlreiche Gegenstände für das „Husarische Turnier“ erhalten geblieben, unter anderem eine Serie von Maskenvisieren, die der Physiognomie von Husaren und Mauren („Mohren“) nachempfunden sind. Die Husaren verkörperten dabei als christliche Ritter das Abendland und fochten gegen die Mauren, die das Morgenland und die zu unterliegende Partei symbolisierten.

Eine besondere Rarität ist eine Serie von Ledermosaiken. Sie zählen zu den einzig erhaltenen original osmanischen Objekten dieser Art und sind bereits im ältesten Inventar der Ambraser Sammlungen von 1596 verzeichnet. Diese Ambraser Ledermosaike stellen einen wesentlichen und äußerst kostbaren Bestand des Museums dar.

Die Faszination an der orientalischen Kunst und Kultur zeigte sich aber auch in den höfischen Festen und Turnieren.

Leibrüstkammer & Türkenkammer

Schloss Ambras Innsbruck
Schlossstraße 20
6020 Innsbruck

Täglich von 10 - 17 Uhr

Im November geschlossen

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