Das
Arzneimittelbuch aus dem Besitz der Philippine Welser wurde von ihrer Mutter
Anna Welser zwischen 1560 und 1570 eigenhändig verfasst. Kurz nach der Hochzeit
Philippines mit Erzherzog Ferdinand II. 1557 zog sie von Augsburg zu ihrer
Tochter nach Böhmen und in der Folge nach Tirol, wo sie 1571 starb.
Anna
Welsers Arzneimittelbuch entspricht nicht den wissenschaftlichen Kräuterbüchern
der Zeit. Ihr ging es vor allem um die Wirkweise der Pflanzen, während
Hieronymus Bock, Leonhard Fuchs, Otto Brunfels oder der Leibarzt
ihres Schwiegersohnes Ferdinand II., Pietro Andrea Mattioli, sie unter
botanischen Gesichtspunkten betrachteten. Möglicherweise wollte Anna Welser
ursprünglich ein Kochbuch schreiben, denn die Rezepte der ersten Seiten
enthalten keine Hinweise auf irgendwelche Heilwirkungen. Erst im weiteren
Verlauf der Sammlung wird die Absicht erkennbar, heilkundliches Wissen
aufzuzeichnen. Das Arzneimittelbuch ist eine im Lauf der Zeit gewachsene
Sammlung von im Hausgebrauch erprobten Rezepten, die keiner speziellen
Systematik unterliegt. Dennoch lassen sich Schwerpunkte erkennen, die entweder
das Krankheitsbild betreffen – wie z. B. die Rezepte gegen Magenbeschwerden –
oder nach den verwendeten Zutaten geordnet sind, darunter Rezepte mit Quitten
oder Veilchen.
Auffallend
ist Anna Welsers ausführliche Beschäftigung mit Kinderkrankheiten, die sie
deutlich von den Erkrankungen Erwachsener unterschied, und der immer
wiederkehrende Hinweis auf die Wichtigkeit der Zahnpflege. Auch die
ausdrückliche Aufforderung, zur Arzneimittelbereitung neues Geschirr und frisch
gewaschene Tücher oder sonstiges sauberes Zubehör zu verwenden, zeigt, dass
Anna Welser den allgemeinen Hygienevorstellungen ihrer Zeit weit voraus war.