Unter den Schalen der
Mollusken wurden seit dem Mittelalter besonders jene des aus dem südwestlichen
Pazifik stammenden Nautilus als Kostbarkeit angesehen und zu Nautilusschalen –
sogenannten Nefs – verarbeitet. Diese
waren einfache Behälter; meist in der Gestalt eines Bootes für das Besteck oder
die Serviette des Fürsten. Tonangebend wurde der flämische Bildhauer und
Architekt Cornelis Floris de Vriendt (1514–1575) mit einer 1548 in Antwerpen
entstandenen Vasenserie, bei deren Dekoration er Nautilusschalen mit Tier- und
Menschenfiguren zu phantastischen Ornamenten verband. In Verlauf des 16.
Jahrhunderts kamen immer mehr Nautilusschalen auf holländischen
Kaufmannsschiffen nach Europa, die teilweise sogar schon von chinesischen
Künstlern dekoriert worden waren. Die Ausgestaltung der Schalen wurde bald
überaus fein. Auch in der Stillebenmalerei dieser Zeit taucht häufig ein
Nautiluspokal auf. Der als tote Schale noch schöne Nautilus wurde dabei ein verbreitetes
Vanitas-Symbol. Das geschnittene Nautilusgehäuse demonstriert die Virtuosität
des verarbeitenden Künstlers. Die Schwarzgravur erhöht noch die Fragilität des
Objektes und unterbricht auf reizvolle Weise die schillernde Reflexion der
Oberfläche, die so mit Blüten- und Blattwerkdekor und zwei hornblasenden Engeln
verziert ist. Gravierte Nautilusse wurden häufig frei von einer Montierung
belassen, und auch beim vorliegenden Exemplar gibt es keinen Hinweis auf eine
geplante Fassung. Da der Dekor des Nautilus in das ausgehende 16. Jahrhunderts
verweist, kann er zum alten Ambraser Bestand gezählt werden. Auch bei Margarete
von Österreich nahmen Naturalien – unbearbeitet oder kunstvoll geschnitzt – wie
Korallen, Muscheln und Hörner einen hohen Stellenwert ein und wurden im cabinet emprès le jardin (Gartenkabinett)
ihres Mechelner Palastes verwahrt. Katharina von Österreich verwahrt zwei
chinesische Nautilusse, die im Inventar 1579/80 als geschnitzt und mit
silbervergoldeter Fassung versehen beschrieben werden.